Die Verwaltung in Österreich wird zunehmend digitalisiert. Viele Behörden ermöglichen mittlerweile die elektronische Zustellung, sodass behördliche Dokumente nicht mehr per Post, sondern digital übermittelt werden. Wer eine „ID Austria“ oder ein „elektronisches Postfach“ („Mein Postkorb“ bei oesterreich.gv.at) nutzt, kann Behördenschreiben bequem online erhalten.
Doch diese moderne Lösung bringt dieselben Verpflichtungen mit sich, wie die klassische Variante der Zustellung per Post – insbesondere die Pflicht, die hinterlegte E-Mail-Adresse aktuell zu halten. Was geschieht, wenn die Benachrichtigungs-E-Mail übersehen wird? Ein aktuelles Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt, welche Folgen es haben kann, wenn man dies versäumt.
Der Fall vor dem VwGH
Der Mitbeteiligte hat sich für die elektronische Zustellung von Behördenpost registriert und dafür eine E-Mail-Adresse hinterlegt. Über diesen Weg wurden Straferkenntnisse hinterlegt. Über die Hinterlegung wurde er per E-Mail benachrichtigt.
Allerdings ist die hinterlegte E-Mail-Adresse aufgrund eines Firmenzusammenschlusses nicht mehr aktiv gewesen. Die Behörde hat – in Unkenntnis davon – weiterhin die Benachrichtigungen an diese Adresse verschickt. Der Betroffene hatte seinerseits keine Kenntnis von den Benachrichtigungen.
Als der Betroffene Kenntnis von den Dokumenten erhielt, erhob er Einsprüche gegen die Strafverfügungen. Die Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) wies jedoch die Einsprüche als verspätet zurück.
Das Verwaltungsgericht Wien folgte dem nicht und entschied zugunsten des Mitbeteiligten: Das Verwaltungsgericht erachtete die Zustellung für unwirksam, da der Betroffene die Verständigungen per E-Mail nicht erhalten hatte.
Die LPD Wien erhob eine Amtsrevision beim VwGH. Dieser hat nunmehr klargestellt:
- Die Zustellung ist rechtswirksam gewesen, auch wenn der Mitbeteiligte die Nachrichten tatsächlich nicht erhalten hat.
- Der Mitbeteiligte trägt die Verantwortung, seine elektronische Adresse aktuell zu halten.
- Die Behörde musste nicht wissen, dass die Adresse deaktiviert worden war, da keine Mitteilung des Mitbeteiligten erfolgte.
- Das Risiko einer nicht mehr nutzbaren Adresse trägt der Mitbeteiligte selbst, wenn er sie nicht aktualisiert.
Was bedeutet das für Nutzer:innen von ID Austria und des elektronischen Postkorbs?
Wer eine ID Austria hat und sich für die elektronische Zustellung anmeldet, sollte beachten:
1. Zustellungen gelten als erfolgt – auch wenn die Benachrichtung nicht empfangen oder gelesen wird.
Sobald ein Dokument im elektronischen Postfach hinterlegt wird, beginnt die Frist zu laufen – genauso wie bei einer Benachrichtigung („gelber Zettel“) im physischen Postkasten. Es ist leicht, die E-Mail-Benachrichtigungen zu übersehen, besonders wenn sie im Spam-Ordner landen oder zwischen anderen Nachrichten untergehen. Selbst wenn Sie die Nachricht nicht abrufen, gilt sie als zugestellt.
2. Sie sind selbst für die Wartung Ihrer Daten verantwortlich.
Falls sich Ihre E-Mail-Adresse oder Telefonnummer ändert, müssen Sie das in Ihrem elektronischen Postfach oder bei der ID Austria selbst aktualisieren. Die Verantwortung liegt dafür beim Empfänger. Die Behörde ist nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die hinterlegte Adresse noch aktiv ist.
3. Fristen laufen auch ohne Kenntnis der Nachricht ab.
Die (Einspruchs-/Beschwerde-/Zahlungs-) Fristen beginnen bereits mit der Hinterlegung des Dokuments im elektronischen Postfach, unabhängig davon, ob der Teilnehmer oder die Teilnehmerin die Verständigungs-E-Mail erhält oder das Dokument tatsächlich abruft. Die Zustellung gilt als erfolgt, sobald das Dokument abrufbereit im elektronischen Postfach hinterlegt wurde, nicht erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme.
Sie sollten daher überprüfen, wann das Dokument im elektronischen Postkorb eingelangt ist, da ab diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Fristen zu laufen beginnen. Wer dies nicht berücksichtigt oder die Benachrichtigungen übersieht, riskiert, dass Fristen für Einsprüche, Beschwerden oder Zahlungen unbemerkt verstreichen, was rechtliche oder finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen kann.
4. Ihr digitales Postfach gilt als Ihr offizieller Briefkasten.
Für Personen, die sich für die elektronische Zustellung anmelden, gilt das digitale Postfach als ebenso verbindlich wie ein physischer Briefkasten. Das bedeutet: Dokumente, die dort eingehen, gelten als zugestellt – unabhängig davon, ob sie tatsächlich gelesen wurden.
Was mache ich, wenn ich trotzdem eine Frist versäumt habe?
Wenn Sie unverschuldet eine Frist verpasst haben, dann besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem §33 VwGVG zu stellen. Wichtig ist, dass dieser Antrag binnen 14 Tagen nach dem Wegfall des Hindernisses bzw. Kenntnis des Behördenschreibens eingebracht wird. Gleichzeitig muss mit diesem Antrag das versäumte Rechtsmittel (z. B. ein Einspruch oder eine Beschwerde) eingebracht werden. Ob eine Wiedereinsetzung möglich ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab – daher sollte man in solchen Fällen rasch handeln und sich gegebenenfalls rechtlich beraten lassen.
Fazit
Die elektronische Zustellung ist eine praktische und effiziente Lösung, setzt aber voraus, dass man seine Daten aktuell hält und regelmäßig überprüft, ob neue Mitteilungen eingetroffen sind. Wer das nicht tut, riskiert, Fristen zu versäumen – mit möglicherweise unangenehmen Konsequenzen.
Bei Fragen in dieser oder einer anderen Situation bieten wir Ihnen gerne Unterstützung. Hier können Sie einen Termin für eine Rechtsberatung online buchen.
Foto: By Kindle Media via www.pexels.com